Erziehung zur Selbststeuerung

Die gängige Erziehungsmeinung

Heute scheint die Auffassung vorzuherrschen, dass Kinder schon vom Kleinkindalter an über ihr Leben weitgehend selbst bestimmen sollten und Erziehung nicht mehr nötig sei. Dass aber für die Selbststeuerung eine gute Selbstkontrolle notwendig ist – also das Hemmen von Trieb-, Gefühls- und Bewegungsimpulsen – ist völlig aus dem Blick geraten.  So kommen heute immer mehr junge Menschen mit einer mangelhaften Selbstkontrolle in den Unterricht.

 

Anzeichen für fehlende Selbstkontrolle

  • Impulsive Aktionen
  • Ständiges „Quasseln“ und Zappeln
  • Lärm
  • Regeln werden nicht eingehalten
  • Unaufmerksamkeit, schwache Konzentration.

Das Verhalten dieser Schülerinnen und Schüler wird häufig von ihren inneren Impulsen oder äußeren Reizen bestimmt (Reiz-Reaktions-Verhalten).

Welche Unterstützung brauchen Kinder und Jugendliche von ihren Eltern, Erzieherinnen und Lehrkräften, um sich in den Griff zu bekommen?

 

Die neurobiologische Ausgangssituation des Menschen

Die Selbstkontrolle ist nicht angeboren. Das Triebsystem ist aber zum Zeitpunkt der Geburt schon weitgehend ausgereift. Dagegen brauchen die neuronalen Netzwerke der Impulshemmung im Stirnhirn für ihre Entwicklung 20 bis 25 (!) Jahre. Und das gelingt nur unter bestimmten Bedingungen.

 

Wie entstehen die neuronalen Netzwerke der Impulshemmung?

Die sozialen Erfahrungen formen die Strukturen, Funktionen und Selbstkontrollpotenziale im kindlichen Stirnhirn. Diese beeinflussen sodann ihrerseits das kindliche Verhalten. Dieser Prozess hat einen Namen: Erziehung (Prof. Bauer). Deshalb brauchen Kinder ab dem 3. Lebensjahr im Rahmen eines liebevollen Erziehungsdialogs  ein „Nein“, Grenzen und ein Gestopptwerden (Impulshemmung von außen), wenn es die Situation oder das Zusammenleben erfordert.

Erziehung hat also die Aufgabe, Kinder in ihrer Hirnentwicklung zu unterstützen.

 

Erziehung im Unterricht

Auch im Unterricht brauchen Schülerinnen und Schüler immer wieder ein Gestopptwerden von außen. In unruhigen Lerngruppen heute fast ständig. Sonst findet gar kein Unterricht statt. Diese „Bremsarbeit“ kostet den Lehrkräften enorm viel Kraft. Besonders dann, wenn sie unorganisiert nur mit ihrer Kraft (z. B. mit ihrer Stimme) dagegenhalten.

Viel kräftesparender ist es, wenn Lehrkräfte ihre Schülerinnen und Schüler darin unterstützen, selbst stoppen zu können. Dazu brauchen sie ein neues pädagogisches Werkzeug, die STOPP-Übung. Sie fördert ganz unmittelbar die Selbstkontrolle.

 

Folgen fehlender Erziehung

„Wer unter dem Vorzeichen weitgehend ungebremster Impulsivität und ungehemmten Affektausdrucks heranwächst, wird einen Mangel der Fähigkeit zur Selbstkontrolle erleiden und infolgedessen

  • Suchttendenzen oder
  • narzisstische Störungen

entwickeln. Diese Entwicklung hat auf breiter Front bereits begonnen.“ (Prof. Bauer)